Iceclimbing in Michigan
posted on February, 2019
Kletterrouten oder –gebiete mit besonderer Aussicht
üben eine spezielle Anziehungskraft auf mich aus.
Meiner Meinung nach hängt die Schönheit einer
Kletterei nich nur von der Linie selbst ab,
sonder auch von der Umgebung, die wir während kurzer
Ruhepausen oder vom Gipfel aus betrachten können.
Eine besondere Aussicht hat man mit Sicherheit von
den Wasserfällen in Michigan aus, die sich direkt an
den Klippen des Lake Superior bilden.
Aus diesem Grund habe ich mit Freude die Einladung
zum Michigan Ice Festival angenommen, das jedes Jahr
im Februar in der kleinen Ortschaft Munising statt
findet. Gemeinsam mit meinem Freund Marco und dem
Kletterkollegen Maurizio, gingen wir somit auf die
Suche nach Eis in Übersee.
Vor unserer Abfahrt stand bereits fest, dass die
Bedingungen ausgezeichnet sein würden; alle
Wasserfälle waren gefroren, selbst
der See war von einer dicken Eisschicht bedeckt, was
nicht alle Jahre der Fall ist. Dies verdankten wir
einem besonders starken Schneesturm aus Kanada, der
sämtliche Flughäfen im Nordosten der USA bis wenige
Tage vor unserer Ankunft lahm legte. Nachdem
wir in Chicago gelandet waren, machten wir uns
sofort auf die sechs stündige Fahrt nach Munising.
Den ersten Tag verbrachten wir mit leichtem Klettern
um dem Jetlag Herr zu werden. Am zweiten Tag durften
wir dann auf eigener Haut erproben, wie sich
ein Schneesturm in Amerika anfühlt: starker Wind,
Schneefall und Temperaturen unterhalb von -15 Grad,
die sich dank des Windes noch um einiges kälter
anfühlten. Wir zeigten zwar all unsere
Willenskraft und kämpften uns für über 2 Stunden
durch den frischen Neuschnee, bis uns klar wurde,
dass Klettern bei diesen Bedingungen nicht möglich
war. Die nächsten Tage begleitete uns der
Schneesturm weiterhin, da der Wind aber etwas
schwächer war, konnten wir trotzdem klettern.
Nachdem der Schneesturm vorbeigezogen war, schenkte
uns Michigan einen wunderschönen, sonnigen aber
bitterkalten Tag. Wir entschieden, diesen Tag auf
der Insel Grand Island zu verbringen.
Die Insel kann entweder mit Skiern, oder aber mit
Motorschlitten über den gefrorenen See erreicht
werden. Wir entschieden uns für letztere. Das
Klettern an der über 500 Meter breiten, vollkommen
vereisten Klippe war fantastisch, wir konnten eine
Linie nach der anderen frei wählen und kletterten
von der Sonne geküsst.
Die Wasserfälle in Michigan sind ausschließlich
einzelne Seillängen in allen Schwierigkeitsgraden,
von WI2 bis WI7. Die meisten Wasserfälle erreicht
man von oben und seilt sich dann ab, nur wenn
der See gefroren ist, können einige von unten
erreicht werden. Da die Dicke des Eises schwer
abzuschätzen ist, sollte man auf jedem
Fall Informationen darüber bei den einheimischen
Führern im Geschäft Downwind Sports einholen.
Auf der einen Seite eignen sich die Wasserfälle in
Michigan für Anfänger und Kletterer, die lieber im
Nachstieg unterwegs sind, da über die meisten Routen
abgeseilt wird und somit leicht ein Top
rope eingerichtet werden kann.
Auf der andere Seite, sind die besonders schönen und
anspruchsvollen Wasserfälle sehr schwierig zu
erreichen, wir wir leider herausfinden mussten. Da
sich die schönsten Wasserfälle im Gebiet des
Naturparks befinden, ist die Fahrt mit
Motorschlitten verboten. Sie sind somit nur mit
Schneeschuhen oder Tourenskis zu erreichen, wobei
15-20 Kilometer bis zu den Wasserfällen
zurückzulegen sind und auch wenn Michigan keine
Berge besitzt, ist trotzdem ein dauerndes auf und ab
über Hügel zu bewältigen.
Nicht zuletzt muss auch der richtige Weg gefunden
werden, was aufgrund der dauernden Schneestürme, die
die Spuren verwischen, nicht wirklich leicht ist.
Eine andere Besonderheit der Wasserfälle in Michigan
ist sicherlich die Anzahl und Vielfalt an
freistehenden Säulen. Da der Sandstein aus dem die
Klippen bestehen, im Laufe der Zeit von den Wellen
ausgehöhlt wurde, sind die Klippen oft überhängend
und das Wasser, das sich über sie herabstürzt, fällt
in freiem Fall. Somit formen sich Säulen mit
verschiedenster Höhe und Dicke. Während
des Eisfestivals 2019 wurde der neue Kletterführer
vorgestellt, der einen Überblick über alle
Wasserfälle der Gegend gibt.
Diese Reise bleibt uns mit Sicherheit mit ihren
eisigen Bedingungen in Erinnerung. Während unseres
zwei wöchigen Aufenthalts hatten wir nur zwei
sonnige Tage und die Temperaturen bewegten sich
zwischen -3 und -23 Grad. Außerdem sahen wir drei
verschiedene Schneestürme durchziehen. Von den
Einheimischen wurde uns versichert, dass es sich um
ein ganz normales Winterwetter handelt. Ein Hoch auf
das Eisklettern in Michigan, wo es noch richtige
Winter gibt!
pictures by Nikki Smith
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